Christoph Eschenbach versetzte das Publikum in der Elbphilharmonie mit dem Festival-Orchestra und Alisa Weilerstein ins Staunen.
„Let’s make music as friends“ – unter diesem Motto lädt das Schleswig-Holstein Musik Festival seit mehr als einem Vierteljahrhundert alljährlich junge Musiker:innen aus aller Welt in das Land der Horizonte ein. In Rendsburg wird aus ihnen in nur wenigen Wochen das „Schleswig-Holstein Festival Orchestra“. Geleitet wird es seit 2003 von Meisterdirigent Christoph Eschenbach. Was für ein Kontrast, den jungen Leuten den heute 84-jährigen Eschenbach an die Seite zu stellen!
Doch die Rechnung geht nach wie vor auf: Eschenbach hat schon alles gesehen, alles erlebt und (fast) alles dirigiert. Seit jeher ist er für seine große Ruhe auf dem Podest bekannt. Mit minimalen Gesten gelangt es ihm in seiner langen Karriere noch jedes Orchester zu leiten. So dürfte dem Nachwuchs schon vom Tag ihrer Bewerbung für das Festival-Orchester an bewusst sein, was für eine Chance, zu lernen, ihnen hier geboten wird.
An diesem Abend in der Hamburger Elbphilharmonie spielt das Orchester die „Pulcinella“-Suite von Igor Strawinsky, die „Unvollendete“ von Franz Schubert und dazwischen das „Konzert für Violoncello und Orchester in h-Moll“ von Antonín Dvořák, für das ein weiterer Weltstar die Bühne betritt: Mit Alisa Weilerstein stößt eine Frau zum Orchester, die nicht wenige für eine der besten, wenn nicht die beste Cellistin (mindestens) ihrer Generation halten.
Und genau das versteht sie auch, unter Beweis zu stellen. Schließlich zählt das Dvořák-Stück definitiv zu den herausforderndsten Aufgaben für Cellist:innen. Weilerstein gelingt es trotzdem, weite Passagen wie eine Fingerübung wirken zu lassen, ohne dabei Leidenschaft, Präzision und Virtuosität vermissen zu lassen.
Dass dieser Abend nicht nur für das Publikum, sondern auch für das Orchester und selbst Christoph Eschenbach ein ganz besonderer ist, wird spätestens zum Ende allen klar. Mit dem Verklingen des letzten Tons senkt Eschenbach den Dirigentenstab in fast schon quälender Zeitlupengeschwindigkeit. Er will den Musiker:innen die Chance geben, dieses Konzert, dieses Moment aufzusaugen – schließlich ist es nach all den Wochen, in denen sie zu einer Einheit wurden, das letzte Mal in ihrem Leben, dass sie in dieser Konstellation spielen werden.
Nicht wenige auf der Bühne haben bereits zu diesem Zeitpunkt Tränen in die Augen, andere übermannen die Emotionen erst, als Eschenbach das Konzert für beendet erklärt und das Publikum in stehende Ovationen ausbricht. Und es ist klar: Jede:r im Saal versteht, wie besonders die Institution dieses Orchesters ist. Nicht nur, aber auch und besonders in diesen Zeiten.