- Foxfinder Bloor (Tristan Taubert) und Landwirt Covey (Christian Kämpfer) machen gemeinsam Jagd auf Füchse. (Bild: Olaf Struck, Theater Kiel)
- Sarah (Jennifer Böhm) konfrontiert Judith (Isabel Baumert) damit, dass doch niemand jemals einen Fuchs gesehen hätte. (Bild: Olaf Struck, Theater Kiel)
Dawn Kings 2011 uraufgeführtes Stück „Foxfinder“ hat seit seiner Entstehung nichts von seiner Relevanz verloren. Die britische Dramatikerin entwirft in ihrem dystopischen Drama eine Gesellschaft, in der Paranoia und Denunziation den Alltag bestimmen – ein Szenario, das vielerorts leider zeitloser ist, als man hoffen möchte.
Das Stück spielt in einer nicht näher definierten Zukunft, in der sogenannte „Foxfinder“ – staatlich autorisierte Ermittler – die Aufgabe haben, Bauernhöfe auf Füchse zu kontrollieren. Diese Füchse gelten als Überträger von Krankheiten und stehen im Verdacht, für das Verderben ganzer Ernten verantwortlich zu sein, und stellen damit eine existenzielle Bedrohung dar. Außerdem haben die Ermittler herauszufinden, ob die Landwirte betroffener Höfe nicht sogar heimlich mit den Bestien kollaborieren. Als Foxfinder William Bloor das Anwesen der Familie Covey inspiziert, gerät ein offenbar harmloses Ehepaar in die Mühlen eines Systems, das auf Misstrauen und vorauseilendem Gehorsam basiert.
Die Parallelen zu unserer Zeit sind unübersehbar: Fake News, Verschwörungstheorien und die Bereitschaft, den Anderen zum Sündenbock zu erklären, prägen auch heute politische Diskurse. Kings Werk funktioniert als Parabel über jeden gesellschaftlichen Kontext, in dem Angst als Herrschaftsinstrument eingesetzt wird – sei es in historischen Hexenverfolgungen oder in aktuelleren Debatten, wie denen über Migration und Pandemie-Maßnahmen.
Sarah (Jennifer Böhm) konfrontiert Judith (Isabel Baumert) damit, dass doch niemand jemals einen Fuchs gesehen hätte. (Bild: Olaf Struck, Theater Kiel)
Die Kieler Inszenierung unter Max Claessens Regie nutzt die Intimität der Studiobühne perfekt aus. Magdalena Hartungs minimalistisches Bühnenbild konzentriert den Fokus vollständig auf die Schauspieler:innen – und das zahlt sich aus. Christian Kämpfer und Isabel Baumert verkörpern das Ehepaar Covey mit einer Authentizität, die das Publikum von der ersten Minute an vereinnahmt. Nicht minder beeindruckend agiert Tristan Taubert als William Bloor. Er meistert den schwierigen Balanceakt zwischen dem kaltblütigen Funktionär und dem Menschen, der selbst Gefangener des Systems ist. Jennifer Böhm komplettiert als Sarah Box ein Ensemble, das nicht nur perfekt aufeinander eingespielt ist, sondern auch die emotionale Bandbreite des Stücks voll ausschöpft.
Trotz einzelner Momente absurder Komik, die dem Publikum kurze Atempausen gönnen, gelingt es der Inszenierung durchgehend, eine beklemmende Grundstimmung aufrechtzuerhalten. Diese unheilvolle Atmosphäre macht „Foxfinder“ zu einem intensiven Theatererlebnis, das noch lange nachwirkt.
Die Premiere wurde zurecht mit anhaltendem, teilweise stehendem Applaus gewürdigt. Das Kieler Schauspielhaus beweist einmal mehr, dass gerade die kleine Studiobühne ideale Bedingungen für solche kammerspielartigen Produktionen bietet, die von der direkten Konfrontation zwischen Publikum und Darstellern leben.
Weitere Aufführungen von „Foxfinder“ sind bis Ende November geplant. Tickets gibt es auf theater-kiel.de, telefonisch unter 0431 – 901 901 und an allen Vorverkaufsstellen des Theaters.