Gerührt, jedoch ganz bestimmt nicht geschüttelt hat dieses ganz besondere Konzert aus der Con-Spirito-Reihe das Kieler Publikum.
Es gibt kulturelle Erlebnisse, die noch sehr lange nachhallen. Ein Kinoabend mit Live-Orchester gehört auf jeden Fall dazu.
Vielleicht kennst du bereits Konzerte, bei denen ein Orchester mehr oder minder populäre Filmmusiken vorträgt. Vergiss, was dir dazu einfällt! Einen kompletten Film gezeigt zu bekommen, bei dem das Orchester nicht nur die komplette Filmmusik live einspielt, sondern auch noch für den einen oder anderen Sound-Effekt verantwortlich zeichnet, ist etwas vollkommen anderes.
Cyber-Terror, der MI6 explodiert und M stirbt
Aber kommen wir zunächst zum Film, denn auch der hat es in sich. Seit seinem Erscheinen im Jahr 2012 wird der Film von allen Seiten gelobt und von nicht wenigen Kritiker:innen als einer der besten Teile der Bond-Reihe bezeichnet.
Sieht man den Film heute, zehn Jahre später, erneut auf der großen Leinwand und mit der Unterstützung des Philharmonischen Orchesters des Theaters Kiel, ist schnell klar, warum.
Regisseur Sam Mendes hat ein Meisterwerk des Action-Genres auf die Leinwand gebracht, dem es weder an Tiefe noch an Dramatik noch an humorvollen Einlagen mangelt. Außerdem gelingt es Mendes in „Skyfall“, die zahlreichen sich bietenden Gelegenheiten für Logiklücken gekonnt zu umschiffen – das gelang nicht bei jedem Bond-Streifen.
In Erinnerung bleibt „Skyfall“ aber auch wegen diverser Details: So besuchen wir gemeinsam mit Bond (Daniel Craig) nicht nur die Gräber seiner Eltern und das Anwesen, auf dem er aufwuchs. Wir lernen auch das neue Gadget-Genie „Q“ kennen und erleben den Tod von Judi Denches „M“. Wie eigentlich immer steht und fällt ein Bond-Film mit dem Antagonisten, dem Bösewicht. Auch hier gibt sich „Skyfall“ keine Blöße und präsentiert mit „Silva“ einen ehemaligen MI6-Agenten als Superschurken, den Javier Bardem meisterhaft verkörpert.
Kaum Pausen für das Orchester
Einen Film live mit Musik zu untermalen, ist eine echte Herausforderung für die Musiker:innen auf der Bühne. Vor dem Konzert verriet uns der Dirigent des Abends, Daniel Carlberg, worauf es ankommt: das Timing. „Sportlicher und weniger rein musikalisch“ sei die Herausforderung als bei einer Symphonie. Die Musiker:innen müssten das Ohr nicht nur bei den anderen Instrumentalist:innen haben, sondern sich auch nach der Choreografie – also: dem Film – richten, ohne wirklich etwas davon sehen zu können.
Damit das problemfrei funktioniert, wurde zu einigen technischen Hilfsmitteln gegriffen. So fand Carlberg vor sich nicht nur die Noten, sondern auch einen Monitor, auf dem der Film, ergänzt um visuelle „Stichwortgeber“, ablief. Außerdem hatten er sowie einige Musiker:innen im Orchester einen sogenannten „Klicker“, einen akustischen Signalgeber, im Ohr, um die Synchronität zwischen Musik und Film zu gewährleisten.
Wie schwierig die Umsetzung dann tatsächlich war, konnten auch musikalische Laien im Publikum schnell erahnen. Schließlich beginnt der Film mit einer rasanten Verfolgungsjagd durch Istanbul und so muss auch das Orchester praktisch ab der ersten Minute voll durchstarten und kann im weiteren Verlauf des Films nur selten durchatmen.
Nach der Startsequenz des Films folgt der Titelsong dieses Bond-Teils: Adeles als episch zu beschreibendes Stück, das auf denselben Namen hört wie der Film. Ein Gänsehautmoment – auch, wenn Adele an diesem Abend leider nicht anwesend war, um ihren Hit selbst vorzutragen.
Das perfekte Filmerlebnis
Nach dem Verklingen der letzten Töne steht ein sichtlich zufriedenes und vielleicht auch etwas erleichtertes Orchester mit seinem Dirigenten auf der Bühne und lässt sich zu Recht minutenlang beklatschen.
Zu Recht nicht nur, weil die musikalische Leistung hervorragend war, sondern eben auch, weil das Konzept ein großartiges ist. Natürlich eignet sich nicht jeder Film für eine derartige Umsetzung. Diejenigen Streifen aber, die sich dafür anbieten, möchte man nach einem solchen Abend eigentlich gar nicht mehr in einem gewöhnlichen Kino schauen.
In diesem Punkt sticht dann auch vielleicht der improvisierte Konzertsaal in der Wunderino Arena zum ersten Mal so richtig den eigentlich angestammten, derzeit aber in Sanierung befindlichen, Spielort des Orchesters, das Kieler Schloss, aus. Dort hätte „Skyfall in Concert“ zumindest anders – und wir denken kleiner, weniger grandios – gewirkt. Einen Pluspunkt allerdings hätte es dort gegeben: Die Plastikschalensitze der Wunderino Arena taugen nur sehr bedingt als Kinosessel.
Für kulturinteressierte Kieler war der Abend über all das bereits erwähnte hinaus auch noch eine ausgezeichnete Erinnerung an die Vielseitigkeit dieses Philharmonischen Orchesters. Es glänzt eben nicht nur bei Beethoven, Brahms, Mozart und Co., sondern wagt sich auch immer wieder auf neues Terrain – seien es die „Phil Out“-Konzerte in der Lille-Brauerei oder eben dieser James-Bond-Kinoabend.
Wer diesen äußerst gelungenen Film- und Konzertabend verpasst hat, bekommt noch eine Chance. Am heutigen Sonntag, den 29.05.2022, findet das Konzert erneut in der Wunderino Arena statt. Los geht es schon um 17:00 Uhr und Tickets gibt es online (zum selber ausdrucken) oder an der Abendkasse, dem Ticket-Center der Wunderino Arena.