- Philippe Tagge vom Restaurant „Alte Räucherei“ auf dem Kieler Ostufer forderte konkrete Antworten zur Fachkräftesicherung und besseren Verwaltungspraxis. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
- Betont die Rolle der Gastronomie als Ort der Integration und Vielfalt: Dr. Samet Yilmaz fordert digitale Prozesse und schnellere Entscheidungen. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
- Setzt auf mehr Servicekultur in der Verwaltung: OB-Kandidat Ulf Daude will eine zentrale Anlaufstelle für Gastronom*innen schaffen. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
- Alle vier Kandidaten hörten Gastgeberin Jacqueline Jürgensen (Mitte) aufmerksam zu (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
- Will neue Impulse für Innenstadt und Verwaltungskultur: Gerrit Derkowski sieht die Gastronomie als Schlüssel für ein lebendiges Kiel. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
- Gastgeberin mit Haltung: Gastronomin Jacqueline Jürgensen initiierte die Veranstaltung – und machte deutlich, dass die Branche politisch mitreden will. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
- Möchte Bürokratie abbauen und Beteiligung stärken: Björn Thoroe setzt auf mehr Mitbestimmung für Gastgeber*innen in Kiel. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
Wie geht es weiter mit der Kieler Gastronomie? Bei einer Podiumsdiskussion zur OB-Wahl trafen vier der Kandidaten auf engagierte Gastgeber*innen. Zwischen Frust über Bürokratie und Ideen für echte Veränderungen zeigte sich vor allem eines: Die Gastro will nicht länger ignoriert werden.
Gastgeberin mit Haltung: Gastronomin Jacqueline Jürgensen initiierte die Veranstaltung – und machte deutlich, dass die Branche politisch mitreden will. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
OB-Wahl Kiel Gastronomie: Diskussion mit Signalwirkung
Unter dem Titel „Gastro steht am Abgrund“ hatte Gastronomin und Cafébetreiberin Jacqueline Jürgensen am 11. November in die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Kiel eingeladen. Über 100 Gäste – darunter viele aus der Kieler Gastronomie – folgten dem Aufruf. Auf dem Podium: Ulf Daude (SPD), Gerrit Derkowski (parteilos, unterstützt von CDU und FDP), Dr. Samet Yilmaz (Grüne) und Björn Thoroe (Die Linke). Die Veranstaltung offenbarte deutlich, wie groß die Herausforderungen für die Kieler Gastronomie derzeit sind. Zwischen steigenden Kosten, Fachkräftemangel und einem oft als lähmend empfundenen Verwaltungsapparat wünschen sich viele Gastronomen endlich spürbare Veränderungen.
Ziel des Events: Die konkrete Situation der lokalen Gastronomie sichtbar machen und herausfinden, wie die Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters dazu beitragen wollen, diese zu verbessern.
Betont die Rolle der Gastronomie als Ort der Integration und Vielfalt: Dr. Samet Yilmaz fordert digitale Prozesse und schnellere Entscheidungen. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
Verwaltung, Digitalisierung & Genehmigungspraxis
Moderatorin Jacqueline Jürgensen konfrontierte die Politiker mit den realen Problemen, die Gastronom*innen täglich erleben – von der Flächenvergabe über die Bettensteuer bis hin zur schleppenden Digitalisierung in der Stadtverwaltung. Ein großes Thema war der Wunsch nach einer schnelleren, transparenteren und bürgerfreundlicheren Verwaltung. Gastronomen kritisierten langwierige Genehmigungsprozesse, nicht erreichbare Sachbearbeitende und mangelnde Digitalisierung.
Setzt auf mehr Servicekultur in der Verwaltung: OB-Kandidat Ulf Daude will eine zentrale Anlaufstelle für Gastronom*innen schaffen. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
Ulf Daude schlug die Einrichtung einer zentralen „Service-Stelle Gastronomie“ vor. Dr. Samet Yilmaz plädierte für digitale Antragssysteme mit Statusverfolgung. Gerrit Derkowski verwies auf die nötige Veränderung der Verwaltungskultur und betonte: „Wir brauchen mehr Mut in der Stadtverwaltung.“ Björn Thoroe sprach sich dafür aus, bestehende Vorschriften regelmäßig zu überprüfen, um Gastro-Gründungen nicht unnötig zu behindern.
Fachkräftemangel und Zuwanderung: Integration behindert
Besonders emotional wurde es, als es um den Fachkräftemangel und bürokratische Hürden bei der Beschäftigung internationaler Mitarbeiter*innen ging. Eine Gastronomin schilderte, dass die Terminvergabe bei der Ausländerbehörde oft Wochen oder Monate dauere.
Alle vier Kandidaten hörten Gastgeberin Jacqueline Jürgensen (Mitte) aufmerksam zu (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
Hier waren sich alle vier Kandidaten einig: Die Verfahren müssen dringend digitalisiert, transparenter und beschleunigt werden. Yilmaz betonte die gesellschaftliche Bedeutung der Gastronomie für Integration und Begegnung, Thoroe schlug eine engere Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsrat vor.
Innenstadtentwicklung und Flächenvergabe
Wie können Innenstadt und Stadtfeste wieder attraktiver werden – für Gäste wie für Gastgeber*innen? Auch diese Frage wurde lebhaft diskutiert. Dabei ging es etwa um Eventflächenvergabe (wie beim Weihnachtsmarkt), hohe Mieten und mangelnde Transparenz.
Daude brachte die Idee ins Spiel, leerstehende Kaufhausflächen für gastronomische Zwischennutzung zu öffnen. Thoroe kritisierte Zwischenmietverträge und die daraus entstehenden Intransparenzen. Derkowski sprach sich dafür aus, Gastronomen bei der Stadtentwicklung früher und verbindlicher einzubinden.
Will neue Impulse für Innenstadt und Verwaltungskultur: Gerrit Derkowski sieht die Gastronomie als Schlüssel für ein lebendiges Kiel. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
Gastro in der Stadtpolitik sichtbarer machen
Immer wieder wurde im Verlauf des Abends deutlich: Die Kieler Gastronomie fühlt sich in politischen Prozessen nicht ausreichend gehört. Jacqueline Jürgensen forderte klare Ansprechpartnerinnen in der Stadtverwaltung, eine engere Einbindung in Gremien und einen stärkeren politischen Rückhalt. Alle vier OB-Kandidatinnen sicherten zu, den Austausch mit der Branche nach der Wahl weiterzuführen – auch außerhalb klassischer Verbandsstrukturen.
Möchte Bürokratie abbauen und Beteiligung stärken: Björn Thoroe setzt auf mehr Mitbestimmung für Gastgeber*innen in Kiel. (Bild: falkemedia/Sebastian Schulten)
Zweiter Teil: Fragen aus dem Publikum
Im zweiten Teil der Veranstaltung kamen die Gäste zu Wort. Hier ging es unter anderem um:
• Die fehlende Beteiligung junger Gastronomen an der Entwicklung von Innenstadtkonzepten
• Hohe Standgebühren bei Events im Vergleich zu anderen Städten
• Die Zukunft von Foodtrucks und Pop-up-Konzepten in Kiel
• Gastronomie als attraktiver Arbeitgeber: Wie kann die Stadt mithelfen, das Image zu verbessern?
• Die Angst vor steigenden Nebenkosten und die Forderung nach Planungssicherheit
Auch in diesem Teil wurde spürbar: Die Branche ist bereit, sich einzubringen – doch die Stadt muss die Türen öffnen.
Erste Schritte in Richtung Veränderung
„Wir lassen uns nicht länger vertrösten“, stellte Jacqueline Jürgensen zum Abschluss klar. Die klare Botschaft des Abends: Gastronomie ist mehr als ein Wirtschaftszweig – sie ist Teil der Stadtidentität. Und die OB-Kandidat*innen tun gut daran, diese Stimmen ernst zu nehmen.
Die Veranstaltung war nicht nur eine Podiumsdiskussion, sondern ein politisches Signal: Wer in Kiel regieren will, kommt an der Gastroszene nicht vorbei.