Jeden Monat präsentieren wir unsere Lesetipps. Hauke Harder von der der Buchhandlung Almut Schmidt rät im Januar dazu, es sich auf der Couch mit einem Kriminalroman gemütlich zu machen.
Ein ganz normaler Mörder
Im Prolog wird eine Frau, Katinka, entführt. Sie geht fast jeden Tag joggen. Immer wie es die Zeit zulässt, sechs, acht oder über zehn Kilometer. Nach drei Kilometern hat sie ihre Lufttemperatur und ihr Tempo gefunden, so dass das Laufen wie von selbst geht. Als sie im Wald steht, hört sie Babygeräusche und findet einen Kinderwagen, in dem aber die Säuglingsrufe von einem im Wagen liegenden Smartphone kommen. Dann wird sie von hinten überwältigt und verliert das Bewusstsein.
Tammo Berg arbeitet bereits seit einem Jahr nicht mehr für die Kriminalpolizei Hamburg. Durch einen tragischen Unfall hat er sein Kind verloren und durch seine nicht behandelte Depression hat ihn auch seine Frau verlassen. Jetzt steht Jens, sein Vorgesetzter, vor seiner Tür. Die Kriminalpolizei in Hamburg hat ein Problem und kommt nicht weiter. Der Fall hat auch eine Verbindung zu einem älteren, ungeklärten Fall und Jens möchte Tammo für diesen Fall zurückgewinnen. In einem Waldstück am Stadtrand wurde eine Frauenleiche gefunden und eine weitere Frau aus der Umgebung wird vermisst, nachdem sie vom Joggen nicht zurückkehrte.
Tammos Interesse ist geweckt. Er vermutet, die Vermisste eventuell durch die gefundene Frauenleiche zu finden und geht davon aus, dass sie es hier mit demselben Täter zu tun haben.
Ein Krimi mit viel Gespür für seine Figuren. Der Fall ist abwechslungsreich und schneidet viele Themen an: unerfüllten Kinderwunsch, nicht gelebte Homosexualität und Trauerbewältigung. Die Handlung spielt in Hamburg, Schleswig-Holstein und sogar in Kiel, ist aber weit davon entfernt, einer jener typischen regionalen Krimis zu sein, denn sprachlich und inhaltlich wird hier mehr geboten.
Anne Wolf: Ein ganz normaler Mörder, Heyne, 9,99 Euro www.buchhandlung-friedrichsort.de, www.leseschatz.com
Der Alltag zwischen Ebbe und Flut
Ein zauberhafter Bildband über die Weiten des wilden Wattenmeers. Einfühlsam und detailreich erzählen Elke Weiler und Ralf Niemzig von Tradition und Kultur. Bilder von großen und kleinen Alltagsgeschichten rund um ein Leben, das Hand in Hand mit der Nordsee geht. Ein Muss für alle, die das Meer lieben!
Elke Weiler, Ralf Niemzig: Leben am Wattenmeer, Bruckmann, 29,99 Euro
Witzfeuerwerk von der Förde
„Ein Gewässer schreit ja förmlich nach einer Leiche, zumal in einem Krimi.“ Eine Tote im Kieler Olympiahafen und ein Kommissar ohne Spürsinn bringen die Kieler Förde um den wohlverdienten Winterschlaf: In „Kiel ahoi!“ von Cornelia Leymann geht es rund. In gewohnt amüsanter Manier nimmt die Autorin alles auf die Schippe, was ihr auf’s Papier kommt. Von Ehe über Staat bis hin zum Bildungssystem bleibt nichts von ihrer spitzen Feder verschont. Dabei trifft der Leser auf amüsante Weise auf Kieler Schauplätze und Eigenheiten der Bewohner.
Eine leichte, genreuntypische Lektüre mit feiner Ironie, allgegenwärtigem Sarkasmus und einem lockeren Plauderton. „Kiel ahoi!“ ist geistreich und punktgenau, bissig und gemein, bietet viele Schmunzler und noch viel mehr laute Lacher.
Cornelia Leymann: Kiel ahoi!, emons, 10,90 Euro